Scheunenfunde: Wappen

Die Heraldik kennt die Entwicklung von Symbolen auf Schilden und Rüstungen von Herrscherhäusern. Dieses Wappen kann als eine Art «missing link» der eigenständigen Entwicklung vom Werkzeug zum (Bauern-)Wappen angesehen werden. Das vorliegende Stück diente folglich nicht der Verteidigung im Kampf mit Lanze und Schwert, sondern dem Bauern als Symbol seiner Überlegenheit und Verbundenheit mit Grund und Boden.

Wikipedia weiss: „Mit dem aufkommenden Feudalismus des Mittelalters wählten die Herrscherhäuser eigene Symbole für ihre Schilden und Rüstungen. Die Kreuzzüge (1096–1149) führten dazu, dass viele Ritter gemeinsam in die Schlacht zogen. So wurden die Farben und Symbole auf den Schilden zunehmend wichtiger, und man kombinierte mehrere Farben in einfachen geometrischen Formen. Es war dem Träger überlassen, welche Symbole er wählte oder ob er sie, womöglich mehrfach im Leben, wechselte.“

Dieses Aufkommen der Wappen bei den Herrschern könnte die Motivation zur Entfaltung der Heraldik in bäuerlichen Gebieten gewesen sein. Dieser Fund erhellt die Entwicklung bäuerischer Wappen im Kanton Bern, es ist das älteste erhaltene Wappen mit klar ländlicher und nicht kriegerischer Herkunft.

Die vorliegende, mandelförmige Hacke zeigt Umrisse eines Apfels(?) und die stilisierte Ansicht von Wasser. Sein Fundort, die einfachen Symbole und die Beschaffung des Eisens deuten auf die Region Bern im frühen Mittelalter hin (evtl. Kiesen). Der Ansatz des Stiels wurde später angebracht.

In der jüngeren Geschichte wurde versucht, mit dieser bäuerischen Herkunft völkische Politik zu betreiben. So plante der fürs Kiesental vorgesehene Gauleiter Moritz Tödtl (1901–1944) das vorliegende Wappen als Vorbild fürs neue Wappen des Gaues Bern einzusetzen. Dazu kam es freilich nicht, weil das Wappen von Freimettigen der Fahne des Dritten Reichs näher stand:

Serie „Scheunenfunde“

Als Scheunenfund (engl. Barn Find) bezeichnet man hauptsächlich das Auffinden eines in Vergessenheit geratenen und dann wiedergefundenen Gegenstandes. Oft entscheidet nur die Geschichte des Gegenstandes über die Wichtigkeit, und dass der Gegenstand lange nicht verfügbar war, steigert dessen Wert zusätzlich. Meine Serie soll krude Geschichten über schnöde Gegenstände erzählen.
Wappen, 18x4x30cm, Stahl, Holzstück, 2021